Montag, 2. November 2009

Nachwort: Die Suche nach dem "Treffpunkt"

Jeder grössere Bahnhof hat ihn: den Treffpunkt. Zentral gelegen, dient er als Fixpunkt im Bahnhofsgewimmel. Nicht so in Baden.

Eine ganze Weile dauerte meine Sucherei, bis ich den "Treffpunkt Bahnhof Baden" schliesslich doch noch fand. Verschupft steht er neben dem Gebäude, hinter der maroden Büvette, dort, wo ihn sicher niemand erwartet. - Und wo folglich auch niemand wartet (ausser unser DRS-Bus, rechts im Bild).

Apéro nach 6 Stunden Hörpunkt aus Baden

Geschafft! Nach über 6 Stunden Live-Sendung aus dem Bahnhof Baden wird die Prosecco-Flasche herumgereicht. Angestossen wird direkt im Stationshäuschen.

Die Hörpunkt-Crew v.l.: Komponistin Margrit Rieben, Dagmar Wasler (Redaktion/Moderation), Felix Schneider (Redaktion), Birgit Kiupel (Künstlerin "Skizzen Bahnhof Baden"), Gabriela Kägi (Redaktion/Moderation).

Wer nichts kauft, ist unwichtig

Eines weiss ich nun nach diesem Hörpunkt-Tag: Badens Maroni-Verkäufer sind tüchtige Menschen, die am liebsten nicht gestört werden. An drei Orten in der Bahnhofsumgebung nachgefragt, und immer die gleiche Antwort: "Sorry, keine Zeit."

Nicht, dass Kunden in Massen zugegen wären, nein: Aber das Rühren in der Maroni-Pfanne will professionell und mit Bedacht getan werden, so scheint es. Bei so viel Zuwendung ist mir dann die Lust auf Maroni vergangen.

PS. Foto? Maroni-Verkäufer Nr. 2: "Chasch vergässe."

Aus dem Skizzenbuch (5): Am Billettautomaten

Der SBB-Billettautomat hat seine Tücken: Das merkten auch diese zwei Passanten, die unsere Künstlerin Birgit Kiupel eingefangen hat.

Frau der Taschen und Schuhe

Nach der schweren Geschichte von vorhin nun noch etwas Lifestyle: Frau Lauber nämlich arbeitet in der Unterführung in einem Taschen- und Schuhgeschäft und weiss: "Hier sind die Kunden hektischer als anderso - das ist nicht immer sehr angenehm." Pendler, die noch kurz eine Notebook-Tasche kaufen wollen. Passanten, die unbedint ein paar Schuhe brauchen - aber bitte schnell, der Zug fährt gleich.

Mittlerweile nimmts Frau Lauber gelassen. Sogar für randständige Personen sind ihre Türen offen. "Ab und zu kommen Leute mit ganz wenig Geld herein und schauen, ob gerade etwas zum halben Preis verkauft wird."

Eine ganz unglaubliche Geschichte

Gerade komme ich von einem Gespräch mit Alexander und Elena, die sich im Wartesaal etwas aufwärmten. Über 20 Minuten lang haben sie mir eine ganz und gar unglaubliche Geschichte erzählt: Erfunden oder nicht? Das weiss ich nicht. Ruhig und sachlich haben die beiden ihr Schicksal erzählt:

Alexander und Elena kommen aus Quebec in Kanada, wo Elena in einem staatlichen Kindergarten gearbeitet hat. 2001 ist ihr jedoch aufgefallen, dass etwas nicht stimmt - Elena vermutet bald, dass sie einem Kinderhandel auf die Schliche gekommen ist. Der Staat jedoch will nichts davon wissen. Elena verliert die Stelle und bald auch ihre gemeinsame Wohnung. Zweimal, so sagen sie, hat man versucht, sie auf der Strasse umzufahren. Kanada wurde schliesslich zu gefährlich für sie - sie reisten aus, um bei der UNO in Genf Hilfe zu fordern. Ein gesichertes Leben liessen sie hinter sich, um gegen den organisierten Kinderhandel zu kämpfen.

In die Schweiz kamen sie 2003 und verstrickten sich in den Mühlen des Systems. Auch hier wollte man ihnen angeblich nicht weiterhelfen, trotz Vorsprache bei der UNO und Briefe an die Bundesräte. Ein Papierkrieg nahm seinen Lauf. Doch Alexander und Elena waren gewillt, bis zum Schluss zu kämpfen.

Momentan sind sie obdachlos, leben aber beim Nationalrat Luzi Stamm in Baden (angeblich hat er ihnen in seinem Garten Zuflucht geboten) und sind auch mit Nationalrat Urs Hofmann in Kontakt. Wie es weitergeht, wissen die beiden nicht. Ihre Erzählung ist voller Wendungen und Rückschläge, doch niemals schienen mir, dass die beiden Hass oder Unzufriedenheit empfinden.

Eine haarsträubende Geschichte, die mich hier im Bahnhof Baden doch etwas überrumpelt hat. Darf man ihr glauben? Wenn man die beiden sieht, will man nicht recht an Con-Artists, sog. Trickbetrüger, glauben. Zu detailliert ist ihre Geschichte, zu wahrhaftig berichten sie von ihren unzähligen Versuchen, recht zu bekommen.

Aus dem Skizzenbuch (4): Spatzenfüttern


Auch ein Zeitvertreib: Spatzenfüttern bis der Zug kommt.

Aus dem Skizzenbuch (3): Warten auf dem Perron


"Hää, Radio?" Christa und Heidi von der Büvette

"Also das mit den Gipfeli war ja saublöd für mich!" Heidi erfeifert sich - doch dafür kann aber der Blogger nun wirklich nichts. Die Chefin der Bahnhofsbüvette blieb heute Morgen auf ihren Brötli und Sandwiches sitzen, weil DRS 2 gleich nebenan gratis Gipfeli an die Pendler verteilt hat. "Hää, Radio?" hat sie ihrem Mann geantwortet, als sie es erfuhr.

Heidi (rechts im Bild) hat andere Sorgen. Im Februar hätte die kleine Büvette am Ende von Gleis 1 abgerissen werden sollen, doch wegen Einsprachen steht sie noch - bis auf weiteres. Es ist ein Abriss auf Raten. Geld hat man schon lage nicht mehr in das Lokal gesteckt. Die Wände sind gelblich, das Mobilar zweckmässig, in der Ecke steht ein alter Spielautomat.

Christa ist die Frau an der Bar - und hat, ganz Klischee, das Herz auf dem rechten Fleck. "Hier treffen sich alle. Vom Zürcher Boutiquen-Besitzer bis zum Clochard." Manches Schicksal kommt zu ihr an den Tresen, das sei nicht immer leicht. Manchmal lassen sie auch zu Hause die Probleme der Gäste nicht los.

Bier wird hier den ganzen Tag ausgeschenkt. An die Bäcker, die morgens von der Arbeit kommen. An die Feierabendler. An die Stammgäste. "Es wird schon viel gesoffen und geraucht hier", sagt Chefin Heidi. Aber Sturzbetrunkene kriegen kein Bier mehr. Heidi hat da einen Trick: "Wenn einer reintorkelt und ein Grosses bestellt, sagen wir: klar, kriegst du. Dann gehen wir nach hinten und füllen das Glas mit alkoholfreiem Bier - das merken die sowieso nicht mehr."

Fahrprüfung bestanden!


Auf dem Perron getroffen: Filip und Laura. Sie küssen sich innig, doch haben nichts gegen die Störung durch den DRS 2-Blogger... Ich erfahre: Beide haben heute in Wettingen die theoretische Fahrprüfung geschrieben - und bestanden. Glückwunsch!

Belohnt hat sich Laura gleich selbst: mit einem Paar Turnschuhen (siehe Bild). Nach ihrem Kurz-Shoppingtripp müssen sie Baden wieder verlassen: Für Filip geht's weiter nach Zürich zur Arbeit, Laura muss zurück in die Schule.

Aus dem Skizzenbuch (2): Dame mit Hut


Warten auf den Zug nach Zürich:
Eine Dame auf Gleis 1.

Ein Bahnhofsvorstand, der keiner mehr ist

Er ist der Chef vom Bahnhof Baden: Victor Hungerbühler ist "Leiter Verkauf". Irgendwie tönt das nicht ganz so cool wie die frühere Bezeichnung "Bahnhofsvorstand". Und ja, liebe Nostalgiker, auch die klassische Uniform ist längst verschwunden.

"Der Verkauf ist quasi die letzte Bastion im Bahnhof", sagt Hunberbühler. Was nicht heisst, dass er ständig im Büro sitzt. "Wenn es manchmal Störungen gibt, sind auch wir draussen auf den Gleisen." Vorschriftsgemäss mit gelber Signal-Jacke.

Hinter Glas: Sabine Senn

"Wir am Schalter sind das 'Sorgentelefon' der SBB" - Sabine Senn muss es wissen. Seit 13 Jahren ist sie Reiseberaterin am Bahnhof Baden und muss dabei so einiges hören. Die häufigste Beschwerde: "unpünktliche Züge!"

In der Unterführung: Man in Pink

Dass Marketing-Abteilungen bemüht sind, Aufmerksamkeit zu erregen, ist bekannt. Aber Mitleid? Dieses Gefühl beschleicht mich, als ich in der Unterführung Alexander Hauri treffe. Seit vier Wochen sitzt er im Bahnhof Baden und verkauft Last-Minute-Reisen. Zur Farbe pink hat er ein gespaltenes Verhältnis.

Denn so ganz wohl ist Alexander Hauri nicht. Ausgestellt hinter Glas zieht er die Blicke auf sich. Das haben seine Chefs so entschieden: Alles ist pink, der Werbebanner, der Sonnenschirm, das Stehpult, ja selbst Hauris Overall ist so pink wie pink nur sein kann.

Langsam habe er sich an seine Aufmachung gewöhnt, sagt Hauri. "Manche Leute lachen, wenn sie mich sehen. Aber das verkraftet man."

Übringes: privat mag es Alexander Hauri eher dezent. Pinke Kleidungsstücke gibt es in seinem Schrank keine.

Aus den Skizzenbuch (1): Warten - worauf?


Unsere Zeichnerin vor Ort, Birgit Kiupel, hat sich in in die Ecke des Bahnhofsbuvette verkrochen und diese hübsche Szene beobachtet: Ein älterer Herr und eine Frau sitzen beim Kaffee, "Dauergäste", vermutet Birgit. "Sie warten - aber worauf?"

Dann kommt eine Dame reingeschneit (links im Bild), um kurz beim Espresso aufzutanken. "Eine Geschäftsfrau, vermutlich. Irgendwie schien sie voller Sorgen."

Ehepaar Steigmeier: Auf dem Weg ins Tessin


Auf Gleis 1 getroffen: Das Ehepaar Steigmeier auf den Zug nach Zürich, doch von dort gehts weiter ins Tessin. Steinmeiers haben dort, in Losone, einen Zweitsitz. "Deshalb das leichte Gepäck", meint Frau Steigmeier.

Im November ins Tessin? Klar, meinen die Steigmeiers: Wenig Touristen, mildes Wetter - und die Einheimischen seien auch ganz anders um diese Jahreszeit. "Weniger gestresst."

Gertrud Hirt: seit 3.15 Uhr auf den Beinen

"Warum in die Ferne schweifen - das Gute liegt so nah" - zugegeben, nicht gerade das Bahnhofsmotto der Stunde, doch für mich ist das Nahe tatsächlich auch das Gute: Unmittelbar neben meinem Blogger-Kämmerchen hier in Baden steht der Kiosk. Mein Kaffee- und Schoggibedarf ist somit für heute gesichert.

Gertrud Hirt, die mir hier das erste Kägifret verkauft hat, ist Kioskverkäuferin seit zweieinhalb Jahren. "Stress gibt es vor allem am Morgen, klar, aber das stört mich nicht. Dann schon eher die übernächtigten Jugendlichen, die am Samstag Morgen vom Ausgang heimkommen." Frau Hirt selbst ist selten übernächtigt. Um 19.30 Uhr ist für sie Bettzeit, denn bereits kurz nach 3 Uhr in der früh steht sie auf, um pünktlich um 4.45 Uhr die ersten Pendler versorgen zu können. Hut ab!

Aufwärmphase am Gleis 1 - mit Lapsus


Hier also hat sich heute das DRS 2-Team eingerichtet: Im kleinen Stationshäuschen in Baden, mit direkter Sicht auf Gleis 1.

Moderatorin Gabriela Kägi steht am Fenster und übt schon mal, was in 15 Minuten über den Sender geht. Dumm nur, dass ihr Mic bereits mit den Lautsprechern verbunden ist - und so wird ihre kleine Trockenübung halt direkt aufs Gleis übertragen: inklusive nervösem Seufzer und den Witzen mit den DRS 2-Technikern...

Donnerstag, 29. Oktober 2009

Künstlerin zeichnet live vor Ort


Abschiedstränen, Reisende auf dem Sprung, ratlose Gesichter vor dem Billettautomaten - der Bahnhof lebt von Bildern. Die Künstlerin Birgit Kiupel ist am Hörpunkttag unsere «Haus-Zeichnerin». Vor Ort wird sie ein Protokoll vom «Alltag Bahnhof» zeichnen.

Hier bereits ein Vorgeschmack: Das Bild zeigt das alte Stationsbüro am Gleis 1 in Baden - dort richtet die DRS 2-Crew am Montag ihr Bahnhofsradio ein. Weitere Bilder von Birgit Kiupel folgen am Hörpunkttag.

Zufallsbegegnungen im Bahnhof Baden


Der Bahnhof - welch ein Sammelsurium von Menschen! Pendler, Randständige, Touristen trifft man hier. Leute, die nur kurz jemanden abholen und solche, die stundenlang am Warten sind. Die Kellnerin in der Büvette, der Maroni-Verkäufer in der Unterführung, der SBB-Angestellte hinter dem Schalter - sie alle gehören zu diesem Mikrokosmos.

Am Hörpunkttag wollen wir die Geschichten dieser Menschen etwas genauer unter die Lupe nehmen. Wen trifft man am Bahnhof Baden am 2. November? Und was haben die Leute zu erzählen, die den Bahnhof an diesem Tag bevölkern? Wir lassen uns durch den Zufall leiten und bringen die Begegnungen auf diesen Blog.

Freitag, 2. Oktober 2009

Hörpunkt Neu² ist zu Ende


15.10 - Entspannte Gesichter nach 6 Stunden Live-Sendung aus Biel. Beim Apéro angetroffen (v.l.): Nadja Schnetzler (BrainStore), Stephan Mester (Moderator) und Beatrice Born (Leiterin Hörpunkt Neu²).

Einsame Minute


 15.04 - Ihr heutiger Blogger zu einsamer Stunde...

Sechs Stunden Innovation

14.55 - Erleichterung macht sich breit in der Ideenfabrik. Aufbruch und Abbruch. Stagiaire Sarah Herwig reicht Schokolade herum...

14.50 - Schlussapplaus für die letzte, wohl hitzigste Diskussion.

Idee Nr. 7: Humorvolle "Little-Napoli"-Woche


Idee Nr. 6: Müll per Post


Idee Nr. 5: Bahnhofputzen mit Zahnbürsten


Idee Nr. 4: Der Belohnungsautomat


Idee Nr. 3: Zugemüllte Internetseite


Idee Nr. 2: Hupen-Crew


Idee Nr. 1: Die Putzparty


Littering-Endspurt: Fünf Konzepte


14.25 - Nun zu Gast: Wissenschaftler Michael Braungart und Ursula Renold... Er scheint von den vorgestellten Ideen eher enttäsucht zu sein.

14.08 - Gewagte These von Stöckli: Leute, die Internet benutzen, gehören oft in die Kategorie Müllsünder? Noch erachte ich mich als einigermassen littering-resistent.

14.07 - Stadtpräsident Hans Stöckli zeigt sich zufrieden. 

14.06 - Idee Nr. 3: Mülleimer spuken Belohungszettel aus, die man sammeln kann. Moderator Mester: "Ein Gutschein für ein Nachtessen mit dem Bieler Stadtpräsidenten?"

14.04 Nadja Schnetzler verkündet die 5 Resultate: Eine Putzparty in der Stadt; Kinder werden mit Hupen ausgerüstet, mit denen sie Müllsünder anhupen.

Littering, Phase 2: Jetzt wirds konkret


12.52 - Ruhe ist eingekehrt im BrainStore Biel. Mitagessen, während auf DRS 2 "Rendez-vous" läuft. Oder gar ein Nickerchen? Das Sofa der Ideenfabrik würde sich gut anbieten...

12.25 - Littering auch in der Ideenfabrik: leere Knet-Kübelchen liegen verlassen auf den Tischen...

12.22 - Aus den gesammelten Ideen werden bald konkreten Konzepte: Start von "Ideendesign". Das Ziel: 5 Ideen, die dem Stadtpräsidenten vorgelegt werden.

12.18 - Geschafft! Die Denker haben ihre Arbeit erledigt, für sie ist der Innovations-Prozess abgeschlossen.

12.12 - 200 Ideen liegen nun auf dem Tisch zur Diskussion. Motiviert wird weiter mit Popsongs: "Hip Teens (don't wear blue Jeans)" - während Moderator Stephan Mester gerade etwas gemächlichere Musik für unsere DRS2-Hörer ansagt.

11.57 - Unser Littering-Blog läuft: Die Vorschläge reichen von aussgefallen (Barfusszone in der Innenstadt) bis zu ganz konkreten Vorschlägen. Wir sammeln weiter, um 12.15 gibts einen kurzen Blog-Input am Radio.

Innovations-Prozess: Alles ist möglich

11.12 - Blogger needs coffee, now.

11.09 - Die erste Phase Ideensammeln ist vorbei, Knetreste werden eingesammelt. In 20 Minuten startet Phase 2: Sichtung und Ordnung in das Ideen-Gewirr.

11.03 - Kaffeepause für die Denker. Die Müll-Maskottchen sind fertig: "S'Putzwäspi" heisst das eine, "Litty, lebendiger Abfall" ein anderes.

10.52 - Endlich - die Knetmasse ist ausgepackt. Aufgabe: in 10 Minuten ein Müll-Maskottchen formen. Kommentar Mike: aber bitte besser als die EM-Figuren Trix und Flix...

10.50 - Mike, der während dem Innovationsprozess alles organisiert, teilt mir gerade mit: die zwei Denker von der Stadtreinigung Biel sind vollkommen aus sich herausgekommen.

10.46 - Facilitator Mike ruft aus: die 1000. Idee ist in die Ideenmaschine eingegeben worden

Mittwoch, 23. September 2009

Ihre Inputs: Neue Konzepte gegen Littering


Ein neues Littering-Konzept muss her - damit will die Stadt Biel die restliche Schweiz überraschen. Gesucht sind ausgefallene Ideen, wie unsere Strassen und Parks wieder sauberer werden. Umsetzbarkeit ist für einmal zweitrangig: Was zählt, ist Innovation.

Wie also bringen wir wilde Abfalldeponien zum Verschwinden? Mit Ihren Inputs sind Sie am Bieler Innovations-Prozess dabei. DRS 2 ist am 2. Oktober live vor Ort und bringt Ihre Vorschläge in die Diskussion ein.

Ihre Ideen: Was muss noch erfunden werden?

Die Idee ist in Ihrem Kopf - aber noch niemand hat sie verwirklicht? Lassen Sie Ihrem Erfindungsgeist freien Lauf: Welche Innovationen braucht die Wirtschaft in der Krise? Was würde Ihren Alltag erleichtern? Was ist zu verbessern, und wie? - Hier ist Platz für Ihre Ideen und Innovationen.

Mittwoch, 9. September 2009

Neu²: von der Idee zur Innovation

Am 2. Oktober widmet sich der DRS 2-Hörpunkt Ideen und Innovationen. Gerade in der Krise braucht unser Land mehr Innovation - so fordern Managern und Politikern. Doch wie entstehen aus einer Idee wirklich echte «Innovationen»?

Wir senden live aus der Ideenfabrik «Brainstore» in Biel und machen den Innovationsprozess einen Tag lang transparent und erlebbar.

Hier im Hörpunkt-Blog können Sie selbst Inputs geben: Was muss dringend noch erfunden werden? Welche Ideen braucht es, um unsere Gesellschaft zukunftsfähig zu gestalten? Wir sind gespannt auf Ihre Vorschläge.

Donnerstag, 3. September 2009

Letzter Hörpunkt: Arbeiten heute - Arbeiten übermorgen?

Nach der Ausstrahlung - der Podcast

Der Hörpunkt «Arbeiten heute - Arbeiten übermorgen?» ist über den Äther gegangen, aber noch lange nicht vorbei.

In der Hörpunkt-Übersicht auf drs2.ch stehen alle Beiträge zum Nachhören zur Verfügung.

Mit dieser Hörpunkt-Ausgabe starten wir auch einen neuen Service: Eine Auswahl der Beiträge ist als Podcast abonnierbar oder kann heruntergeladen werden.

Die Diskussion im Blog schliessen wir jetzt nach der Sendung.

Mittwoch, 26. August 2009

Flexibilität prägt die Arbeitswelt – und sie muss uns nicht schrecken

Von: Thomas Daum
Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes


Die Schweiz verdankt Ihren Wohlstand zum grossen Teil ihren Erfolgen auf den Weltmärkten. Diese hängen nicht nur von Exportunternehmungen ab, sondern basieren auch auf einer starken Binnenwirtschaft, auf welche sich die Exportunternehmungen stützen können.

Mit dem Zustrom von neuen Unternehmungen und neuen Arbeitnehmenden auf die internationalen Märkte wird sich auch der Konkurrenzdruck auf die schweizerischen Unternehmungen und ihre Mitarbeitenden weiter verstärken.

Wir können diesem Konkurrenzdruck im Hochlohnland Schweiz nur dann ohne Wohlstandseinbussen Stand halten, wenn wir bezüglich Fokussierung auf die Kundenbedürfnisse, Innovationskraft, Produktivität und Arbeitseinsatz zu den Weltbesten gehören.


Das Gebot der Flexibilität wird deshalb in der künftigen Arbeitswelt einen hohen Stellenwert haben, und dabei alle Bereiche des Erwerbslebens bestimmen: die Arbeitszeit, den Arbeitsort, die Arbeitsorganisation, die Arbeitgeber-Arbeitnehmerbeziehungen und vor allem auch die Qualifikation (Aus- und Weiterbildung).

Das fordert nicht nur die Arbeitnehmenden sondern auch die Arbeitgeber, die ihrerseits die Flexibilität im Unternehmen kultivieren und am Markt darstellen müssen.

Der Flexibilisierungstrend sollte allerdings nicht dramatisiert werden. Er ist nicht so neu, wie das gewisse Kritiker glauben machen wollen, und trifft – es ist eben ein Trend – die Menschen nicht schockartig.

Die schweizerische Arbeitswelt hat in der Vergangenheit ihre Anpassungsfähigkeit immer wieder unter Beweis gestellt; es besteht kein Grund, ihr diese Fähigkeit für die Zukunft abzusprechen.

Innovation oder Tradition?

Von: Gudela Grote
Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der ETH Zürich.

Alle reden von Innovation, die meisten fördern aber Tradition.

Dienstag, 25. August 2009

Schulen müssen Selbstmanagement unterrichten

Von: Maja Storch
Dozentin an der Universität Zürich und wissenschaftliche Leiterin des Instituts für Selbstmanagement und Motivation

In Zukunft wird die Selbstmanagement-Kompetenz eine Schlüsselkompetenz für die eigene Lebensgestaltung.

Dies wird derart wichtig, dass das Selbstmanagement als Unterrichtsfach in die Schulen gehört.

Ohne diese Kompetenz ist man den Anforderungen der Welt, so wie sie sich aktuell gestaltet, nicht mehr gewachsen.

Freitag, 21. August 2009

Arbeit und Einkommen besser verteilen, besser entlohnen und voneinander entkoppeln

Von: Ueli Mäder
Professor für Soziologie an der Universität Basel und an der Hochschule für Soziale Arbeit.

Auslöser der Finanzkrise waren gewiss die fahrlässigen Liegenschaftskredite in den USA, die grossen Risiken für hohe Renditen und die verdeckte Weitergabe von Papieren ohne Wert.

Aber die Finanzkrise ist viel älter und umfassender. Sie dokumentiert auch das Gewinn- und Konkurrenzdenken, die Marktgläubigkeit und die Diffamierung des öffentlich-rechtlichen Korrektivs.

Die Finanzkrise ist auch eine System-, Orientierungs- und Sinnkrise. Hoffentlich regt uns die Krise dazu an, wieder mehr nach dem Sinn dessen zu fragen, was wir tun.

Schneller ist nicht immer besser. Und die permanente Optimierung der Effizienz erweist sich oft als bürokratischer Leerlauf und unproduktiver Stress. Vordringlich ist eine bessere Verteilung von Arbeit und Einkommen. Aber welche Arbeit zu welchem Preis? Und wie geregelt?

Wenn wir mehr Ramsch produzieren, erhöht diese Arbeit zwar das Bruttoinlandprodukt, aber sie bringt, ökologisch und ökonomisch, mehr Kosten als Erlös.

Die Wertschöpfung eines Arbeitslosen ist höher als jene eines Arbeiters, der irgendwelchen Plastik-Schnickschnack herstellt. Und die Reichen, die ihr Geld arbeiten lassen, sind mit ihren überhöhten Ansprüchen längst unbezahlbar. Wir können sie uns so nicht mehr leisten.
Halten wir uns persönlich also mehr an die sinnvolle Arbeit. Beachten wir auch stärker die unbezahlte Arbeit. Und erhöhen wir die soziale Sicherheit, indem wir Arbeit und Einkommen (nur) teilweise voneinander entkoppeln und beispielsweise die Ergänzungsleistungen auf alle Haushalte mit zu wenig Einkommen ausweiten.

So wie die AHV-Renten rentieren, würden auch diese zusätzlichen Ausgaben rentieren, den Menschen mehr Freiheit ermöglichen und das kreative Potenzial fördern. 

„Soyez réalistes, demandez l’impossible“ hiess ein 1968er-Slogan. Oder anders ausgedrückt: die konkrete Utopie ist Teil der Realität.

Meine Vision: Wir begrenzen die obersten Einkommen auf das Doppelte der untersten. Oder etwas reformistischer: auf das Dreifache.
So käme das meritokratische Prinzip wieder mehr zur Geltung. Leistung soll sich lohnen. Deshalb sollten wir auch die grossen Erbschaften von über einer Million Franken, die nach oligarchischem Prinzip mehrheitlich an Millionäre gehen, national besteuern.

Wir müssen neue Arbeitsmodelle ernsthaft prüfen

Von: Rosmarie Schneider
Dipl Erwachsenenbildnerin, ehemalige Geschäftsleiterin BENEVOL Basel (1992-2008)

Arbeit und Kapital gerecht und sozialverträglich zu verteilen ist ein Menschheitstraum, den wir seit Urzeiten zu verwirklichen versuchen und für den wir wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit Lösungen suchen werden.

So ist auch im Jahr 2009 der Arbeitsmarkt wieder einmal nach ein paar Jahren des Aufschwungs im Umbruch und versucht auf die wieder einmal schlechte Wirtschaftslage zu reagieren. Und immer noch ist Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung das oberste Ziel, das angestrebt wird.

Aber während die einen keine Arbeit finden, reicht den anderen trotz Vollbeschäftigung ihr Einkommen nicht zum Leben. Und die, die Arbeit haben, sind ständig überlastet, weil mit immer weniger Personen immer mehr geleistet werden soll.

In unserer Gesellschaft gäbe es genügend Arbeit für alle. Im sozialen und ökologischen Bereich werden viele Dienstleistungen benötigt, die heute – weil zu teuer - gar nicht mehr erhältlich sind oder die völlig unterbezahlt ausgeführt werden müssen. Freiwilligenarbeit kann hier einen wichtigen Beitrag leisten, ist aber nicht die Lösung.


Neue Arbeitszeitmodelle, wie zum Beispiel das garantierte, arbeitsunabhängige Grundeinkommen werden in der Schweiz noch nicht wirklich als ernsthafte und tragfähige Möglichkeiten auf politischer Ebene diskutiert und geprüft, obwohl darin eine durchaus erfolgsversprechende Zukunftsperspektive läge.

Der Einzelne wäre nicht mehr nur vom Arbeitgeber abhängig, sondern könnte seine Talente und Fähigkeiten frei entfalten und anbieten. Unbeliebte, aber unverzichtbare Arbeiten würden teurer und daher im Wert steigen. Arbeitgeber könnten sich freuen, weil sie wirklich motivierte Mitarbeiter hätten und erst noch Kosten eingespart würden.

Eine gerechte Verteilung von Arbeit und Kapital erfordert von jedem Einzelnen ein Umdenken, weg vom bisher Erprobten. Wenn wir wirklich erfassen würden, dass wir alle nicht nur Ich-AG’s, sondern voneinander abhängig und ein miteinander verwobenes Ganzes sind, wären wir dieser Vision schon einen wesentlichen Schritt näher gekommen.